Jeder Reiter weiß, dass sein Pferd besser und auch anders hört als er selbst. Doch bist du dir auch im Klaren darüber, was dieses Anders für Auswirkungen auf das Verhalten deines Pferdes und auf deine Beziehung zu ihm hat?
Für mich war es früher eher langweilig, mich mit dem Gehör des Pferdes zu beschäftigen – doch es gehörte zur „guten“ Reiterausbildung einfach dazu. Gelernt habe ich dann auch brav das, was in den Fachbüchern steht. Erst mit den Wildpferden wurde das Hören der Pferde für mich wahnsinnig spannend… Denn was sagt dir der Fakt „Dein Pferd kann Geräusche noch in 4000 Metern Entfernung wahrnehmen“, wenn du nie erlebt hast, was das für das Leben und Verhalten der Pferde bedeutet?

Hören sichtbar gemacht. Beim Ruhen schalten Pferde das Sichtfeld fast komplett aus, sind aber über die Ohren verbunden. Zusätzlich sichern einige Tiere der Gurppe rundum ab. Sind Pferde allein, müssen für die selbe Sicherheit ständig mit den Ohren spielen
Das Hören auf großen Distanzen, kombiniert damit, dass Pferde ihre Ohren um 180° drehen können, befähigt Pferde sowohl die Richtung als auch die Distanz eines Geräusches genau lokalisieren. Wilde Pferde sortieren neben der Richtung des Geräuschs auch nach der jeweiligen Quelle. Dadurch, dass sie jedes „normale“ Geräusch in ihrem Lebensumfeld kennen, wissen sie instinktiv, welche Geräusche einen Angriff von Raubtieren oder andere mögliche Gefahren ankündigen.
Dabei sind es nicht nur knackende Äste, die sie beunruhigen, sondern auch auffliegende Vögel oder der Stresslaut eines anderen Tieres. Dazu kommt, das dein Pferd wie Elefanten oder Wale im Infraschallbereich und zusätzlich auch – wie Fledermäuse – Ultraschallfrequenzen hören. Im Vergleich zu deinem Pferd bist du als Mensch also eigentlich fast taub und so kommen Fluchtreaktionen für uns oft überraschend.
Für dein Pferd ist es, auch wenn es jetzt von dir behütet lebt, immer noch sehr wichtig, sich auf die Warnfunktion durch sein Gehör verlassen zu können. Zu tief verankert sind diese Instinkte, als das wir sie ihm hätten wegzüchten oder abtrainieren können. Und das ist uns oft nicht bewusst. Auch nicht bewusst, ist uns häufig, dass unsere Pferde in unserer modernen Welt mit Geräuschen überflutet werden, was ein Sortieren der Geräusche für dein Pferd schwierig macht. Wenn es seinem Instinkt jedoch nicht mehr folgen kann, hat das oft sehr krasse Auswirkungen auf sein Verhalten. Der Dauerstress, der dann entsteht, macht selbst das ungeklärteste Pferd irgendwann nervös, hyperaktiv oder schreckhaft. Und diese psychische Anspannung überträgt sich dann auch auf die Körperfunktionen.

Schau einmal genau hin. Die stehende Wache hat etwas gehört. Seine Körperspannung verrät aber, dass das Geräusch nicht ungekannt ist, sodass die Herde nicht alarmiert wird.
FÜR EIN BESSERES VERHÄLTNIS ZUM PFERD
Vielleicht denkst du jetzt: „Er hat ja recht, doch was kann ich tun – unsere Welt ist nun einmal laut.“ Das mag sein. Doch frage dich einmal was du dazu beiträgst und wo du Geräusche vielleicht einsparen oder an welchem Ort du deinem Pferd ´mal eine Hörpause bieten kannst?
Auch wenn du meinst, nichts gegen bestimmte Geräusche tun zu können… Wir tragen häufig mehr oder weniger dazu bei, dass es für Pferde laut ist. Menschen reden einfach viel und oft auch unnötig laut, doch dieses Verhalten belastet das Vertrauensverhältnis unserer Pferde zu uns. Dein Pferd versteht ja deine Worte nicht. Es hört nur das du ständig etwas warnend vor dich hin brummelst.
Stille ist eine ganz besondere Art der Kommunikation und ich bin immer wieder erstaunt, wie viel ich Pferden sagen kann, ohne ein Wort zu sprechen.
Marc Lubetzki
FÜR EIN BESSERES VERHÄLTNIS ZUM PFERD

Stille ist bedeutet in der Natur nicht geräuschlos. Stille beinhaltet natürliche Geräusche, die für jeden – auch für uns – gut einzuordnen sind, ohne uns zu überfordern.