- kurz vor dem Füttern schlägt ein Pferd mit dem Vorderbein
- es werden Drohgesten zum Nachbarn ausgeführt
- es herrscht allgemein Unruhe im Stall
Pferde ruhen dicht nebeneinander und verteilen sich zum Fressen über große Flächen.
Marc Lubetzki
Körpersprache
PFERDE WOLLEN HARMONIE
Jeder Pferdebesitzer wünscht sich eine partnerschaftliche Beziehung zu seinem Pferd und möglichst eine Freundschaft für sein Tier innerhalb der Herde. Doch kennen Pferde eigentlich Freundschaften oder ist das ein eher menschlicher Wunsch? Durch meine langjährigen Beobachtungen kann ich eine Sache mit Bestimmtheit sagen! In wilden Herden gibt es keine negativen Beziehungen – also Feindschaften. Das heißt: Pferde aus der eigenen Herde jagen oder verbeißen, sieht man in der Natur nicht. Nein – halt! Eine Ausnahme gibt es da: Ist der Althengst der Meinung, ein Pferd passt nicht in die Herdenstruktur, schickt er es aus der Herde. Dieser Prozess zieht sich in der Natur allerdings über mehrere Wochen hin, sodass dem jeweiligen Pferd genug Zeit gegeben wird, um eine andere Herde zu finden. Dieses Vertreiben kann dabei sowohl Hengste als auch Stuten treffen. Das hört sich jetzt möglicherweise hart an, aber… …für Pferde ist die Harmonie und das Gleichgewicht innerhalb ihrer Herde extrem wichtig und darf nicht gestört werden. Dafür tun sie alles. Und dieses Gleichgewicht basiert unter anderem auf den verschiedenen Beziehungen innerhalb der Herde.DOCH GIBT ES AUCH ENGE FREUNDSCHAFTEN?
Ja, es gibt sie. Am einfachsten erkennen wir sie am Ritual der gegenseitigen Fellpflege. Nur Pferde, die sich gut verstehen, schubbern sich in den Abendstunden gegenseitig ausgiebig den Pelz. Ein Vorspiel dafür sich später dicht zum Ruhen zusammen zustellen. Übrigens mit ein Grund, warum Pferde meiner Meinung nach nachts nicht alleine in Boxen stehen sollten. Überhaupt ist die Art und Weise, wie sich Pferde zum Ruhen aufstellen, sehr wichtig für ihre Erholung und die Festigung ihrer sozialen Beziehungen.
Die richtigen Beziehungsstrukturen in der Herde sorgen für Ruhe und Harmonie
Wir Menschen kennen das von Kindern, die nicht gerne getrennt von ihren Müttern schlafen. Häufig sogar bis ins Teenageralter. Trotzdem bestehen viele Eltern darauf, dass ihre Kinder schon sehr früh das elterliche Schlafzimmer verlassen und alleine schlafen. Damit sie überhaupt einschlafen können, werden dann Geschichten vorgelesen, im Flur noch Licht angelassen, die Kinderzimmertür einen Spalt geöffnet und gesagt: „Du brauchst keine Angst haben, Mama und Papa sind ja nebenan.“
Pferde machen etwas Vergleichbares nicht. Bei ihnen stellt die Familie die engste Beziehung innerhalb einer Herde dar. Es ist daher ganz normal, dass eine Stute dicht zwischen ihrem Fohlen und dem Nachwuchs der vorangegangenen Jahre schläft.

Grüppchenbildung in der Herde verdeutlich den Beziehungsstatus.

Mutter und Kind – die engste Beziehung der Herde.
AUCH FREUNDE DÜRFEN NEIN SAGEN
Trotzdem sind Pferde sehr respektvoll bei der Annäherung zum Ruhen.
Die Pferde fragen, bevor sie dichter kommen, ob es für das andere Pferd in Ordnung ist. Das machen sie, indem sie mit etwas Abstand stehen bleiben und erst näher kommen, wenn das andere Pferd seinen Körperschwerpunkt leicht von ihnen weg verlagert. Nur in diesem Fall stellen sie sich dicht daneben.
FAZIT
Es wird immer wieder deutlich, wie viel Wert wilde Pferde auf die Beziehungspflege und den respektvollen Umgang in der Herde legen. Für sie ist ein intaktes Beziehungsgeflecht in der Herde eine der Grundlagen für Stabilität und Harmonie.
Als Mensch versuche ich mich deshalb in dieses Geflecht einzufügen und signalisiere auf pferdisch meinen Wunsch nach einer freundschaftlichen Beziehung zu den Herdenmitgliedern. Ich respektiere aber auch, dass nicht jedes Pferd diesen Wunsch jederzeit erwidert, da es sich zum Beispiel gerade in einer Fressphase befindet oder keine direkte Nähe wünscht.