Lusitano im Winter

Der Pferdepaddock als Winterquartier

Der Winter scheint auf den ersten Blick wie eine Zeit des Stillstands. Doch während die Landschaft scheinbar schläft, findet unter der Oberfläche ein faszinierendes Schauspiel statt. Leider schwindet durch den zunehmenden Trend zur modernen, aufgeräumten Gartengestaltung immer mehr die Lebensgrundlage für Insekten und damit auch für die Vogelwelt. Wusstest du, dass über 90 Prozent der heimischen Brutvogelarten, vor allem die seltenen und bedrohten Arten, kaum einen Nutzen von der Winterfütterung am Vogelhäuschen haben und das der Igel inzwischen zu den bedrohten Tierarten gehört?

Warum naturnahe Paddocks wichtig sind

Ein naturnaher Paddock bietet im Winter wertvolle Lebensräume. Markhaltige Stängel von Brombeeren, Himbeeren oder Stauden sind natürliche Nistmöglichkeiten für Wildbienen. Ihr neuer Lebenszyklus beginnt erst im Frühjahr. Die Früchte der wilden Rosen bieten für gut 27 Vogelarten Lebensgrundlage, darunter Rotkehlchen, Grünfink, Star und Drossel.

Marc Lubetzki - Wildpferde Der Pferdepaddock als Winterquartier
Ein Stengel vom Herzgespann.
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Sträucher als Ansitz für Vögel.
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Hagebutten für Pferde und Vögel.

Wie Pferde zur Biodiversität beitragen

Pferde spielen durch ihr natürliches Verhalten eine Schlüsselrolle in der Förderung der Biodiversität – auch im Winter. Durch ihr selektives Fressverhalten schaffen sie ein vielfältiges Mosaik aus unterschiedlich hoher Vegetation. Sie fressen bestimmte Pflanzen bevorzugt und lassen andere stehen, wodurch verschiedene Strukturen entstehen, die unterschiedlichen Arten Lebensraum bieten. Durch ihre Fortbewegung auf Laufwegen, dem Scharren mit den Hufen bei der Futtersuche und dem Wälzen zur natürlichen Fellpflege schaffen Pferde offene Bodenstellen. Diese kleinen Freiflächen sind ideal für bodennistende Wildbienen und andere Insekten. Der Dung der Pferde spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Ökosystem: Er dient als Nahrungsquelle für zahlreiche Insektenarten wie Dungkäfer und deren Larven, die wiederum Vögeln als Nahrung dienen und den Nährstoffkreislauf schließen. Außerdem fördern verrottende Pferdeäpfel Mikroorganismen im Boden. Denn in der Natur bildet alles einen Kreislauf.

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Mosaikstruktur mit unterschiedlichen Vegetationshöhen. (unsere 36 Jahre alte Stute)

Praxisbeispiel: Ein Winterpaddock voller Leben

Unser Auslauf und unsere Weiden sind im Winter ein lebendiges Beispiel dafür, wie „Unordnung” der Natur zugutekommt. Wir lassen Pflanzen wie Gräser, Kräuter und Disteln stehen, damit die Pferde sie nach und nach abfressen können. Die vorhandene Pflanzenvielfalt in Kombination mit dem selektiven Verbiss schafft die nötige, in unberührter Natur überall zu findende, inselartige Vegetationsstruktur, die ideal für überwinternde Insekten ist. Die leicht vertieften Wälzstellen mit losem Sand lieben nicht nur unsere Pferde, sie bieten auch im Paddock vielen bodennistenden Insekten einen Platz, während Samenstände von Pflanzen Nahrung für Vögel wie Rotkehlchen oder Grünfinken liefern.

Marc Lubetzki - Wildpferde Der Pferdepaddock als Winterquartier
Einige Pflanzen werden bevorzugt im Winter gefressen.
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Unsere Pferde schaffen sich durch Verbiss eigene Laufwege.

Laub bleibt bei uns bewusst im Paddock aber auch auf der Weide liegen und wird nicht entfernt – es dient als Frostschutz und Rückzugsort für Käfer, Spinnen und andere Kleintiere. Zweige, Äste und Reisig werden zu Hecken oder Haufen geschichtet, die Igeln und Amphibien Unterschlupf bieten. Diese scheinbar „unaufgeräumten” Elemente sind essenziell für den Erhalt natürlicher Kreisläufe. So schaffen wir einen Ort, an dem sich unsere Pferde und die Natur gegenseitig bereichern – auch in der kalten Jahreszeit.

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Laub als Kälteschutz und natürlicher Dünger.

Für Pferd und Umwelt

Ein „unaufgeräumter” Paddock ist gut für die Natur und er fördert zugleich das Wohlbefinden deiner Pferde. Pflanzen wie Brombeeren, Himbeeren, Heckenrosen oder andere Sträucher haben einen großen Nutzen als gröberes Winterfutter und erleichtern Pferden und Ponys das Aushalten kälterer Temperaturen. Die Strukturvielfalt regt die Pferde zu mehr Bewegung an, und der Kontakt mit verschiedenen Pflanzen stärkt ihr Immunsystem. Nicht zuletzt: Naturnahe Flächen benötigen weniger Pflegeaufwand und sind langfristig günstiger.

Marc Lubetzki - Wildpferde Der Pferdepaddock als Winterquartier
Die Idee: Ein "Mini-Naturschutzgebiet" schaffen, in dem Pferde naturnah leben können.

Tipps zur Förderung der Biodiversität auf Paddocks

Mit einfachen Maßnahmen kannst du deinen Paddock in ein Paradies für Tiere verwandeln:

  • Pflanzenreste stehen lassen: Lass Gräser, Kräuter und Disteln bis zum Frühjahr stehen – sie bieten Schutz und Nahrung für Insekten.
  • Laub- und Reisighaufen anlegen: Diese dienen als Unterschlupf für Igel, Käfer und andere Tiere. Zu wild? Lege doch eine Benjeshecke als natürliches Trennelement oder Windschutz im Auslauf an.
  • Markhaltige Stängel nutzen: Schneide dürre Ranken von Brombeeren oder Himbeeren in etwa 1 m lange Stücke und stelle sie senkrecht auf – so schaffst du zusätzliche Nistmöglichkeiten für Wildbienen.
  • Hecken pflanzen: Sträucher wie Weißdorn oder Schlehe bieten Schutz vor Wind sowie Nahrung für Vögel.
  • Futterstellen rotieren: Wechsel regelmäßig die Position der Heuraufen, um Trittschäden zu minimieren.

Fazit: Weniger ist mehr – auch im Winter

Ein unaufgeräumter Paddock mag auf den ersten Blick ungewöhnlich wirken, doch er ist ein Geschenk an die Natur – und an deine Pferde. Indem du natürliche Strukturen erhältst und bewusst auf Eingriffe verzichtest, schaffst du einen Raum voller Leben.

Probier es aus! Lass diesen Winter bewusst etwas „Unordnung” auf deinem Paddock zu und beobachte die Veränderungen in der Natur um dich herum. Teile deine Erfahrungen mit anderen Pferdehaltern – gemeinsam können wir mehr bewirken!

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Masterclass

Lerne von wilden Pferden!

Denn du kannst so viel von ihnen lernen – wie ihre Herden funktionieren, wie du ihre tief verwurzelten Bedürfnisse mit einfachen Mitteln erfüllen und in ihrer Muttersprache mit ihnen kommunizieren kannst.

Mit diesem Wissen kannst du eine starke Partnerschaft auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen und Respekt aufbauen und deinem Pferd ein naturnahes Leben ermöglichen.

Weil die einzigartige Bindung zu einem glücklichen, gesunden Pferd eine der größten Gaben des Lebens ist – oder!